Friederike Barklage Friederike mag's am liebsten vegetarisch und erzählt ihren Kollegen bei Springlane gerne mal etwas über französischen Ziegenkäse. Ihr Leitsatz in der Küche: Improvisation ist alles. Und bloß nichts wegwerfen. Beschreibung Inhaltsverzeichnis1Du bist in den 1980er Jahren als Tänzerin nach Berlin gekommen und geblieben. Wie kam es dazu?2Du kanntest niemanden damals?3Dann hast du etwas ganz anderes gemacht und eine Kaffeerösterei eröffnet. Ist es dir schwergefallen, das Tanzen für den Kaffee und das Backen aufzugeben oder war das eine ganz natürliche Entscheidung?4Und wann ist das Backen genauso wichtig geworden wie der Kaffee?5Heute bist du die Queen of Baking und hast sehr, sehr viele Fans. Was ist das Geheimnis deines Erfolgs?6Und du musst nur den richtigen Weg finden, um das Rezept umzusetzen.7Das ist eine gute Überleitung zur nächsten Frage. Wie entwickelst du deine Rezepte?8Und dann folgst du den Schritten und guckst, ob es klappt.9Ist Backen für dich eigentlich nur Handwerk oder auch eine Form deine Kreativität auszuleben, wie früher im Theater?10Und was backst du gerne mit deinen Kindern? Das muss ja tendenziell eher einfach sein.11Du bist ja eine vielbeschäftigte Frau mit einem straffen Terminkalender. Was kochst du zu Hause, wenn es schnell gehen muss? Du bist in den 1980er Jahren als Tänzerin nach Berlin gekommen und geblieben. Wie kam es dazu? Ich hatte gerade in New York mein Diplom gemacht in Philosophie und Theaterwissenschaften. Für Amerikaner ist das College-Diplom ein wichtiger Abschnitt, für mich fing danach ein neues Kapitel an. Das war für mich eine schwierige Phase und ich wollte weit weggehen von allen Sachen, die mich von außen definiert haben, um rauszufinden, was ich wirklich machen will. Ich wollte nach Berlin, weil ich Tanztheater mochte, was wir in Amerika gar nicht hatten. Am Anfang war es sehr schwierig, ich war sehr einsam. „ICH BIN IN BERLIN GEBLIEBEN, UM MICH ZU FINDEN.“ Du kanntest niemanden damals? Ich kannte niemanden. Aber ich wusste, ich bleibe in Berlin, weil ich in Berlin bin und weil ich durch diese schwierige Phase durch muss und es wird noch schwieriger für mich, wenn ich wieder meine Sachen zusammenpacke und woanders hingehe. Ich bin in Berlin geblieben, um mich zu finden. Dann hast du etwas ganz anderes gemacht und eine Kaffeerösterei eröffnet. Ist es dir schwergefallen, das Tanzen für den Kaffee und das Backen aufzugeben oder war das eine ganz natürliche Entscheidung? Mir als Amerikanerin ist beigebracht worden, dass du alles machen kannst, was du willst. Ich war Ende 20, Anfang 30. Es war nach der Geburt meiner zweiten Tochter und ich habe einfach gemerkt, ich muss nicht mehr tanzen. Ich kann auch etwas anderes machen. Ich habe immer gerne gebacken und mochte den Kaffee in Deutschland nicht. Ich wollte etwas machen, was nichts mit meiner Familie zu tun hatte – ein völlig separates Projekt. Ich wollte auch eine Herausforderung und eines Morgens bin ich aufgewacht und habe gedacht: Du kannst Kaffeebohnen rösten. Das war 1993/94 und es gab kein Internet. Ich war wie ein Detektiv und habe angefangen, die ganzen Puzzleteile zu sammeln und mich um die Finanzierung zu kümmern. Ich war eine arme Tänzerin – ich hatte kein Geld, kein Haus – ich hatte nur meine Idee und mein Durchhaltevermögen. Als Ausländerin, als Frau, mit einer Idee für die Gastronomie war ich wirklich der unattraktivste Kunde, den eine Bank haben kann. Und alle Banken haben mich abgelehnt. Ich habe nicht an meiner Idee gezweifelt, sondern daran, ob ich jemanden für die Finanzierung finden würde. Dann bin ich zu den Banken gegangen und habe Cookies mitgenommen. Und dann war das wie im Theater-Kurs: Ich sitze jemandem gegenüber, der mir nicht glaubt, der nicht glaubt, dass ich etwas kann. Meine Aufgabe in der Szene war es also, diese Person zu überzeugen. Und ich wusste, diese Person muss bestimmte Sachen von mir hören. Ich habe nicht direkt gelogen, aber ich habe die Wahrheit etwas gestreckt, um überzeugend zu sein. Und ich wusste, ich bin die Ausnahme, ich krieg das hin. Und ich hab’s geschafft. „WENN MEIN LADEN NUR FÜR MICH EINE BEDEUTUNG HAT, KANN ICH AUCH GLEICH ZUMACHEN.“ Und wann ist das Backen genauso wichtig geworden wie der Kaffee? In erster Linie ging es mir ums Kaffeerösten. Aber die Kunden mochten das Gebäck sehr gerne. Und ich musste einen Dialog finden mit meinen Gästen. Schließlich geht es um die Menschen, die zu mir kommen und für die es etwas bedeuten soll. Wenn mein Laden nur für mich eine Bedeutung hat, kann ich auch gleich zumachen. Heute bist du die Queen of Baking und hast sehr, sehr viele Fans. Was ist das Geheimnis deines Erfolgs? Man muss sich treu bleiben. Es gibt so viele Einflüsse von außen, so viele Trends. Aber am Ende musst du immer wissen, was du machst. Du musst am Ende des Tages wissen: Das, was in der Tasse ist, schmeckt gut. Und ob das in einer grünen oder einer roten Tasse ist, das ist egal. Das gilt auch für meine Backrezepte. Die Rezepturen müssen funktionieren. Wenn man nicht aus meinem Buch backen kann, dann hab ich verloren, dann hat das Buch keinen Wert. Wenn man mit den Backformen nicht gut backen kann, erfüllen sie nicht ihren Zweck. Ich liebe den persönlichen Kontakt mit meinen Kunden und meinen Fans – wenn die Leute mir eine E-Mail schreiben, weil sie mit einem Rezept oder mit einer Backform nicht klarkommen. Und ich weiß 100%ig, dass es funktioniert. Und du musst nur den richtigen Weg finden, um das Rezept umzusetzen. Genau. Manchmal sind es Kleinigkeiten – hat die Waage richtig funktioniert oder hast du den Kuchen zu hoch im Ofen gebacken? Das ist auch eine Form des Dialogs. Und auch wenn ich manchmal Sachen gerne delegieren würde, beantworte ich alle Fragen selbst, denn ich bin die Erfinderin, ich habe das entwickelt und ich fühle mich sehr verbunden damit. Das ist eine gute Überleitung zur nächsten Frage. Wie entwickelst du deine Rezepte? Eine gute Frage! Ich brauche immer Inspiration. Manchmal ist es ein Anlass, manchmal eine Zutat, die Farbe, die Form. Es ist wie in der Kunst – woher holt man sich die Inspiration für ein Bild? Manchmal ist es eine sensorische Erinnerung. Oder es sind emotionale Erinnerungen, die ich mit jemandem verbinde – irgendetwas, das ich schon einmal erlebt oder gegessen habe. Und manchmal ist es wie ein Traum. Ich stelle mir Sachen vor und muss sie dann ausarbeiten. Manchmal ist es am schwierigsten, sensorische Erinnerungen zu verarbeiten, zum Beispiel von meiner Mutter oder Großmutter. Sie haben die Sachen manchmal einfach so zusammengeklatscht und es ist schwierig, dahinterzukommen, wie sie das eigentlich gemacht haben. Und dann kommt der nächste Schritt. Du hast ja gesehen, dass mein Schreibtisch bei mir in der Küche steht. Ich fange rein theoretisch an. Ich arbeite ein Rezept in Mengen aus, dann kommt die Prozedur. Und dann folgst du den Schritten und guckst, ob es klappt. Dann drucke ich mir meine Rezeptidee aus und drehe mich zur Arbeitsfläche um. Und fange an, die Mengen auszuwiegen. Da muss ich ganz penibel und präzise sein, sonst kann ich das nicht reproduzieren. Und dann fühle ich mich wie der verrückte Wissenschaftler. Das ist dann die Umsetzung von der Theorie in die Praxis. Du musst die einzelnen Komponenten miteinander verbinden. Das, was du denkst, mit dem, was du tust und wie es dann am Ende wird. Und wie es dann schließlich gebacken aussieht – ob die Textur, die Farbe, die Form dir gefallen. Und dann koste ich das und es ist entweder Ja oder Nein. Ich lasse das keine anderen Leute probieren. Ich frage nicht nach Meinungen, das ist nicht mein Ding. Wenn es mir schmeckt, dann ist es fertig. Es muss so sein, wie ich mir das vorstelle. Wenn irgendetwas nicht ganz so ist, wie ich es mir vorstelle, dann setze ich mich ganz genau damit auseinander. „DER WEG IST BEIM BACKEN GLEICHZEITIG DAS ZIEL.“ Ist Backen für dich eigentlich nur Handwerk oder auch eine Form deine Kreativität auszuleben, wie früher im Theater? Es ist beides. Es ist Energie, es ist Vorstellungskraft, es ist Wissenschaft, es ist Präzision. Es ist aber auch Improvisation und Freiheit. Backen hat einen gewissen Fluss. Es ist anders als beim Kochen. Für mich ist Backen wie Malen mit Aquarell und Kochen wie mit Ölfarbe. Du kannst da noch einiges korrigieren, mit Aquarell nicht. Du kannst es nur wegwerfen und nochmal von vorne anfangen. Es gibt zwei Gruppen von Menschen: Die, die gerne backen und die, die gerne kochen. Und die beiden Gruppen überlappen sich meistens nicht. Die Gründe, warum Leute gerne backen oder eben nicht, sind eigentlich dieselben: Backen bietet eine sehr klare Struktur, es ist nicht nur die Rezeptur entscheidend, sondern auch die Prozedur. Der Weg ist beim Backen gleichzeitig das Ziel. Es ist wie bei der Arbeit mit einem sehr guten Regisseur. Er holt Sachen aus dir raus, von denen du gar nicht wusstest, dass sie in dir stecken. Und so ist es, wenn du mit einem sehr guten Rezept arbeitest, es muss sehr gut ausgearbeitet sein, es muss dir sagen, was du zu tun hast. Temperaturen und Aggregatzustände sind super wichtig, zum Beispiel bei Butter: warm, kalt, geschmolzen und abgekühlt oder geschmolzen und heiß. Wenn du das nicht beachtest, scheiterst du. Und was backst du gerne mit deinen Kindern? Das muss ja tendenziell eher einfach sein. Meine 6-jährige Tochter ist von Anfang an dabei, mit ihr war ich schwanger, als ich mein erstes Buch geschrieben habe. Sie sitzt immer auf der Arbeitsfläche und schlägt die Eier auf und macht dies und jenes. Und ich versuche ihr beizubringen, was wie behandelt werden muss. Das ist bei Kindern genau wie bei Erwachsenen. Hefeteig braucht Liebe und viel Wärme, weil Hefe lebt. Wenn es aber Mürbeteig ist, zum Beispiel für Pie, musst du schnell arbeiten, mit deinen Fingerspitzen. Ich versuche, den Kindern beizubringen, mit ihren Händen zu arbeiten. Kinder stechen wahnsinnig gerne aus – ausrollen, ausstechen, das ist ihr Ding. Da muss man ihnen beibringen, dass die Teigstücke ganz nah beieinander sein müssen, wie bei einem Puzzle. Wenn du einen Teig ausrollst und wieder zusammenknetest und wieder ausrollst, tut das dem Teig nicht gut. Das sind immer dieselben Prinzipien und Sachen, die ich auch in meine Rezepte schreibe. Du bist ja eine vielbeschäftigte Frau mit einem straffen Terminkalender. Was kochst du zu Hause, wenn es schnell gehen muss? Mein Mann sagt immer, dass mir am besten die Gerichte gelingen, die ich ganz schnell mache. Dann bin ich im Fluss und es ist im Nachhinein sehr schwierig, das nochmal nachzumachen. Beim Kochen funktioniert das ganz anders als beim Backen. Beim Kochen springe ich hin und her, wenn’s zu heiß ist, nehme ich die Pfanne vom Herd und so weiter. Ich koche einfach das, was ich im Kühlschrank finde. Besonders gerne arbeite ich mit Übriggebliebenem und mache etwas Neues daraus. Oft sind es Sachen, die ich nicht direkt planen kann. Druckansicht LESEN SIE AUCH: Zu Gast in Stefans Schokoladenmanufaktur Jetzt lesen Bologna: Kochen mit der Cesarine Jetzt lesen Tim allein in New York Jetzt lesen Süße Versuchung Jetzt lesen 10 Dinge, die man in Brügge essen (und trinken) so... Jetzt lesen Nach oben